Wer spricht schon gern über den Kontaktabbruch zur eigenen Familie? Das ist schließlich nicht gesellschaftlich akzeptabel. Und schon gar nicht gut für das eigene Ich. Doch ist es das wirklich nicht?
Heute breche ich das Schweigen über dieses Tabuthema und schreibe über meine Erfahrungen zum Kontaktabbruch zur eigenen Familie. Genauer gesagt: Zu meiner Mutter.
[Nachtrag: Den Artikel habe ich 2020 geschrieben. Seit 2022 besteht wieder Kontakt. Unabhängig davon sind die Anregungen im Text für dich dennoch geltend, wenn du dich mit dem Thema Kontaktabbruch konfrontiert siehst. Nimm dir mit, was für dich und deiner aktuellen Situation stimmig ist.]
Welch ein besonderer Tag!
Mein Geburtstag ist nicht nur mein Geburtstag. Am selben Datum, allerdings einige Jahre zuvor, wurde auch meine Mutter geboren. Ich war quasi ihr Geburtstagsgeschenk.
Man möchte nach dieser Info meinen, dass ich ein besonders starkes Band zu ihr habe. Doch habe ich sie das letzte Mal vor einigen Jahren gesehen. Der Kontakt ist abgebrochen, die Hintergründe dazu sind vielfältig.
Doch habe ich sie das letzte Mal vor über 2 Jahren gesehen (Stand 2020).
Kontaktabbruch zur eigenen Familie. Mein Weg, dein Weg.
Trauere ich meiner Mutter nach? Was fühle ich, wenn ich an sie denke, wenn das Gespräch mit anderen auf das Thema kommt? Die wildesten Spekulationen gibt es darüber. Das ist auch kein Wunder, denn die meisten Menschen, die einen Kontaktabbruch zur eigenen Familie vornehmen, kommen damit nicht gut zurecht. Entweder haben sie Rachegelüste, verspüren Trauer, denken immerzu an die Kontakte, versuchen auf verschiedenen Wegen an Infos über die Menschen zu kommen usw.
Diese Verhaltensweisen sind mir bekannt. Unter anderem schon allein dadurch, weil ich mich, um Menschen kompetent in der Beratung weiterbringen zu können, darin weiterbilde. Enthusiastisch und umfangreich beschäftige ich mich mit verschiedenen Themen der Psychologie.
Zum anderen kenne ich persönlich (beruflich, aber auch privat) einige Menschen, die den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen haben oder anders herum. Im Frieden sind die meisten damit nicht, es arbeitet in ihnen, beschäftigt sie, das Thema ist präsent. Und ich kenne das. Ich hatte schon öfter Kontaktabbrüche zu meiner Mutter und es zog mich nach einer Weile stets wieder zu ihr hin. Schließlich ist sie meine Mutter. Doch heißt das, ich MUSS mich mit ihr super verstehen? Mit ihr regelmäßig in Kontakt sein? Habe ich als Tochter gewisse Verpflichtungen ihr gegenüber?
Ich sage Nein!
Ja, sie ist meiner Mutter, ich ihre Tochter. Wir sind miteinander verbunden, doch nicht gegenseitig verpflichtet.
Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch – und damit meine ich jeden, auch meine Mutter – sein eigenes Leben leben sollte. Denn das, was einen Menschen persönlich glücklich macht, ist für diesen genau der richtige Weg.
Ob meine Mutter mit dem Kontaktabbruch glücklich ist? Es scheint mir so, denn Bemühungen zur Kontaktaufnahme gibt es nicht, doch ob es wirklich so ist, weiß ich nicht.
Energie-Räuber? Nein, danke!
„Du bist der Durchschnitt der fünf Menschen, mit denen du deine meiste Zeit verbringst.“
Jim Rohn
Es gibt sicher auch Menschen in deinem Leben, welche als Energie-Räuber agieren. Dir Kraft, Zeit und Nerven stehlen, nicht an dich glauben, dich kleinreden und klein sehen wollen. Im Gegensatz dazu gibt es Menschen, die dich inspirieren, an dich glauben, dich motivieren und aufbauen, immer weiter voranbringen.
Ich achte darauf, dass ich die (meiste) Zeit meines Lebens mit Menschen verbringe, die mir wichtig sind und gut tun.
Damit will ich jetzt nicht sagen, dass meine Mutter ein negativer Mensch ist. Nein, sie hat viele positive Seiten an sich. Und doch, rückblickend betrachtet, zog sie mir eine zeitlang viel Energie. Und ihre Energie wurde wiederum von anderen Energie-Räuber gezogen.
Bevor der Kontakt abbrach, haben wir etliche stundenlange Gespräche geführt, ich habe Anregungen gegeben, gemeinsam haben wir Lösungen für verschiedene Themen überlegt… Gebracht hat das leider nie etwas. Was einerseits an ihren eigenen inneren Baustellen lag oder liegt, andererseits an meinen eigenen damaligen (und inzwischen geheilten). Und ihre Energie wurde wiederum von anderen Energie-Räuber gezogen und vielleicht wird dies auch noch heute getan.
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Auslöser und Akzeptanz
Die Lebenssituation von Chris, mir und unseren Kindern war zur damaligen Zeit sehr herausfordernd. Wir kamen aus dem Ausland und hatten nichts. Unsere Lebensgrundlage mussten wir erst einmal wieder erschaffen. Und hätten wir dabei nicht Hilfe von ganz wunderbaren Menschen erhalten, hätten wir nicht einmal gewusst, wo wir schlafen sollten. Herzlichen Dank an dieser Stelle noch einmal!
Doch leider gab und gibt es auch Menschen, die kein Verständnis, kein Einfühlungsvermögen zeig(t)en. Solch ein Mensch stachelte meine Mutter gegen mich bzw. uns auf. Es folgte ein unschönes Gespräch und eine klare Hilfe-Verweigerung.
So schmerzlich dieses Gespräch auch war, es ließ mich erkennen, dass es an der Zeit ist, zu akzeptieren. Akzeptanz über etwas, was ich nicht bestimmen oder verändern kann.
Dann gab es diesen einen Tag, an dem mir schmerzlich klar wurde: Okay, es bringt tatsächlich nichts mehr, in die Beziehung zu meiner Mutter zu investieren.
Die Lebenssituation von Chris, mir und unseren Kindern war zur damaligen Zeit sehr herausfordernd. Wir kamen aus dem Ausland und hatten nichts. Unsere Lebensgrundlage mussten wir erst einmal wieder erschaffen. Und hätten wir dabei nicht Hilfe von ganz wunderbaren Menschen erhalten, hätten wir nicht einmal gewusst, wo wir schlafen sollten. Herzlichen Dank an dieser Stelle noch einmal! Doch leider gab und gibt es auch Menschen, die kein Verständnis, kein Einfühlungsvermögen zeig(t)en. Solch ein Mensch stachelte meine Mutter gegen mich bzw. uns auf. Es folgte ein Gespräch indem klar wurde, dass sie einer flüchtig bekannten Frau aus dem Dorf, die Lügen über uns verbreitete, mehr glaubte als mir, ihrer Tochter. Zudem folgte eine klare Hilfe-Verweigerung.
Loslassen
Natürlich wünsche ich mir eine gute Beziehung zu meiner Mutter. Wer tut das nicht? Jeder Mensch wünscht sich eine Mutter, die vertraut, unterstützt, ein offenes Ohr hat und die hinter einem steht, auch, wenn die Entscheidungen entgegen den eigenen Werten getroffen werden. Eine Mutter, die Interesse zeigt an einem selbst und noch viel mehr an den Enkelkindern. Doch was kann ich tun, wenn meine eigene Mutter anders ist?
Natürlich wünsche ich mir eine gute Beziehung zu meiner Mutter. Wer tut das nicht? Doch was tun, wenn es anders ist?
Nach viel innerer Arbeit und verschiedenen Herangehensweisen, kippte irgendwann in mir ein Schalter. In mir war auf einmal der Punkt erreicht, der mich erkennen ließ: Stopp! Ich kann annehmen, verzeihen und loslassen.
L O S L A S S E N
Und das habe ich getan. Ich habe akzeptiert, angenommen und verziehen. Losgelassen, mich von meiner Mutter gelöst und gleichzeitig ihre Flügel entdeckt. Nun können wir beide fliegen, individuell, so wie es jeder von uns braucht.
Liebe bedeutet eben auch loslassen.
In mir bereiteten sich nach dieser Erkenntnis unbeschreibliche Gefühle des inneren Friedens aus.
Ich bin glücklich damit. Glücklich und frei. Was nicht bedeutet, dass ich nicht auch manchmal traurig über die Tatsache des Kontaktabbruchs bin. Das eine schließt das andere für mich persönlich nicht aus. Traurig übrigens nicht für mich, sondern eher in Hinblick auf meine eigenen Kinder. Sie wachsen komplett ohne Oma oder Opa auf, obwohl diese ja durchaus existieren, nur der Kontakt zu dieser aller Seiten fehlt (mein Vater, ihr Opa mütterlicherseits, hat sich das Leben genommen; zu meiner Mutter besteht kein Kontakt und die anderen Großeltern zeigen kein Interesse). Im Endeffekt ist dies letztlich für unsere Kinder auch kein Thema, denn sie kennen es ja nicht anders.
Für mich selbst ist der Kontaktabbruch kein Problem. Ich habe Frieden in mir geschlossen und kann offen damit umgehen. Ich sehe viele Dinge, die mir dadurch ermöglicht wurden und über etliches bin ich auch dankbar.
Kontaktabbruch zur eigenen Familie, ja oder nein?
Was ich dir damit sagen will: Wenn du über einen Kontaktabbruch nachdenkst, dann werde dir darüber bewusst, ob du wirklich bereit bist, zu akzeptieren, zu verzeihen, loszulassen und diesen Schritt mit Liebe in Frieden zu gehen. Es hat viel damit zu tun, dass du dich mit dir selbst und deiner Vergangenheit auseinandersetzt. Du musst damit Frieden schließen, um dich gesund ablösen zu können. Doch nicht nur das! Es sollte auch der letzte Schritt sein, den du tun kannst. Vorher gibt es tausend andere Schritte, die gegangen werden können.
Geh in dich und stell dir die Fragen:
- Was tut mir wirklich gut?
- Was will ich nicht?
- Will ich das wirklich?
Wenn du fühlst, dass es dir ohne diesen Kontakt – zu wem auch immer – besser geht, du glücklicher bist, dann tu es. Du bist niemandem gegenüber zu irgendetwas verpflichtet, du darfst für dich selbst einstehen und tun, was dir guttut. Das hat sehr viel mit Selbstliebe zu tun und die ist total wichtig für ein erfülltes Leben.
Was ich damit NICHT sagen will ist, dass du dich, nur, weil es mal Probleme gibt, direkt trennen sollst von zwischenmenschlichen Kontakten. Mit ehrlicher, klarer Kommunikation, Vergebung, Verzeihung und im Fokus Liebe lassen sich in den meisten Fällen Wege, Kompromisse und Lösungen finden, Themen aufklären und manchmal treten sogar krasse Wendungen ein, die zuvor nicht denkbar waren. Wenn du das selbst nicht schaffst oder die Beziehung zu einem anderen Menschen schon sehr gereizt ist, kann ein Mediator sehr nützlich sein.
Es ist dein Leben.
Dein Herz.
Dein Weg.
Immer.
Julia Schmiedel
Kontaktabbruch zur eigenen Familie - Zwischenüberschrift
Was sind deine Erfahrungen zum Thema Kontaktabbruch? Wie stehst du dazu? Was ist dein Weg? Ich freu mich auf deinen Kommentar oder deine Mail.
Du bist selbst Mutter oder Vater und dir ist eine gute Bindung zu deinem Kind wichtig? Willst du Konflikte mit deinem Kind friedlich lösen und raus aus deine alten Erziehungsprogramme? Endlich die Ruhe bewahren in Stress-Situationen? Willkommen bei FamilienZauber, meinem 6-Wochen-Onlinekurs mit individueller Begleitung und Austauschgruppe! Trag dich im kostenfreien Newsletter ein und verpasse auf keinen Fall den nächsten Kursstart.
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Und wenn du passende Bücher suchst, hier meine Empfehlungen:
„Selbstliebe lernen“* von Julia Schmiedel
„Das bleibt in der Familie“* von Sandra Konrad
„Kontaktabbruch in Familien“* von Claudia Haarmann
Ansonsten fühl dich frei, mein Beratungsangebot bzw. Onlineshop durchzustöbern. Viel Freude!
Alles Liebe
Aktuell bin ich auch dabei, einen Extra-Kurs zum Thema „Negative Lebensmuster aufdecken und lösen“ zu kreieren.
Hat dir mein Artikel „Tabuthema Kontaktabbruch zur eigenen Familie“ gefallen, dann freue ich mich sehr, wenn du ihn teilst. So finden auch andere Menschen hier her und gleichzeitig unterstützt du mich damit. Vielen lieben Dank!
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7 Kommentare
Mutig! Für den Weg, den du gehst. Und für das dich so zeigen. Inspirierend!! Herzensdank, Juliane
Liebe Juliane,
vielen lieben Dank für deine lieben Worte! Sie motivieren mich!
Das freut mich sehr, dass ich dir eine Inspiration sein kann!
Alles Liebe
Julia
Erst ein mal herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und zu eurer neuen Seite:) toll- klasse möge es vielen helfen mit ihren Thema- alles liebe von und drei aus m spreewald
Vielen Dank für deine Nachricht und viele liebe Grüße sowie wärmende Sonnenstrahlen aus Portugal zu euch!!
Leider ist der Kontaktabbruch nicht immer das Ende des Schreckens, sondern nur ein Katalysator. Ich habe mich vor Jahren von meiner narzisstisch gestörten Mutter getrennt und ihr das klipp und klar mitgeteilt. Aber anstatt mich in Ruhe zu lassen, tyrannisiert sie mich jetzt mit Gerichtsverfahren. Die Geschwister hat sie erfolgreich gegen mich und meine Familie aufgehetzt und auch Teile der entfernteren Verwandtschaft will nicht mehr mit mir reden. Mir ist schleierhaft, wie manche Menschen sich auf die Seite dieser Frau schlagen können, wenn sie doch sehen, wie bösartig sie mit mir umgeht. Ein endgültiger Kontaktabbruch kann nur befreiend wirken, wenn man dann auch wirklich nichts mehr von dem anderen hört und sieht. Wie kann man eine narzisstische Mutter dazu bringen, den Kontaktabbruch zu akzeptieren, endlich aus seinem Leben zu verschwinden – und – vor Allem – weg zu bleiben?
Hallo Mirabella,
erst einmal vielen Dank für deinen Kommentar!
Puh, deine Situation liest sich sehr belastend. Ein Kontaktabbruch zu Narzissten ist echt noch einmal eine andere Herausforderung. Auf jeden Fall rate ich dir, dich sehr gut um dich selbst zu sorgen. Sodass du deine Kraft behältst und in positiver Energie bleibst. Die Stärkung deines Selbstwert und deiner Selbstliebe sind super wichtig (falls du da Begleitung von mir wünschst, ist dies im 1:1 Mentoring möglich). Zudem ist ein stabiles Umfeld, sprich vertrauensvolle Bindungsbeziehungen hilfreich. Die Verbindung mit anderen Opfern von Narzissmus kann ebenfalls unterstützend sein. Vielleicht gibt es in deiner Region eine extra darauf ausgerichtete Selbsthilfegruppe? Frag doch gern hier mal an: https://hilfefueropfervonnarzissten.com/selbsthilfegruppen/
Und um Narzissten endgültig aus dem Leben zu verbannen, ist es, soweit ich weiß, nur möglich ein gerichtliches Kontaktverbot zu erwirken. Dieser Weg klingt zwar erst einmal sehr anstrengend, allerdings ist der Kontaktabbruch dann auch amtlich bestätigt.
Dir wünsche ich Stärke, Durchhaltevermögen und alles erdenklich Gute! Glaub an dich, du bist wertvoll!
Alles Liebe
Julia
Es ist wirklich wichtig, solche Tabu-Themen anzusprechen!